Allgemeine Montage- und Betriebsanleitung für Kraftaufnehmer

Allgemeine Montage- und Betriebsanleitung für Kraftaufnehmer

Geltungsbereich
Das Dokument gilt für passive Kraftaufnehmer mit Dehnmesstreifentechnologie (DMS-Aufnehmer) und für DMS-Aufnehmer mit integriertem Verstärker.

Bestimmungsgemäßer Gebrauch
Kraftaufnehmer (Sensoren) sind für die statische und dynamische Messung von Kräften und Massen zu verwenden. Der Kraftaufnehmer ist kein sicherheitstechnisches Bauteil. Die Sicherheit von Maschinen, Anlagen und Messeinrichtungen ist durch zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen herbeizuführen. Sicherheitstechnische Risiken sind durch die Planer, Ausrüster oder Betreiber der Maschinen und Anlagen zu minimieren, zu dokumentieren und dem Bedienpersonal mitzuteilen. Dabei sind neben dieser Betriebsanleitung das Datenblatt des Sensors sowie die gültigen Sicherheitsnormen zu beachten.

Verantwortlichkeiten
Hersteller und Inverkehrbringer von Maschinen und Anlagen tragen die Verantwortung für die Risikoanalyse und Risikominimierung Ihrer Anlagen, auch wenn diese mit Fremdprodukten aufgebaut sind. Der Kraftaufnehmer ist kein Sicherheitsbauteil im Sinne der Maschinenrichtlinie.

Schutz vor gefährlichen Umwelteinflüssen
Kraftaufnehmer sind Messinstrumente. Je nach Schutzklasse des Sensors sind diese insbesondere vor Feuchtigkeit und Schmutz zu schützen. Hohe mechanische Belastungen wie Stöße und Herunterfallen sind auszuschließen. Die Sensoren können im Temperaturbereich von -40°C bis +70°C gelagert werden. Beachten Sie, dass auch höhere Schutzklassen wie IP 65 und IP 67  keine Funktion bei Dauerfeuchte gewährleisten müssen. Feuchte kann über Monate in den Kraftaufnehmer kriechen und die DMS Applikation zerstören.

Maximale Lasten
Für jeden Kraftaufnehmer wird im Datenblatt eine zulässige Grenzkraft (auch Maximalkraft genannt) angegeben. Wir diese Kraft überschritten, oder ein ähnlicher Krafteinfluss durch z.B. Querkräfte erzeugt, verschiebt sich der Nullpunkt. Der Aufnehmer ist somit vorgeschädigt. Dies kann bereits durch nicht fachgerechte Montage passieren. Auch die im Datenblatt angegebene Bruchkraft bezieht sich auf ideale Krafteinleitung. Die Bruchkraft ist insbesondere für Hebezeuge, Winden und ähnliche Maschinen entscheidend für die Sicherheitsreserve der Gesamtanlage. Die Zeitdauer einer Überlastung ist nicht relevant.

Wartung
Kraftaufnehmer sind wartungsfrei.
 
Einbau- und Anwendungshinweise
•    Die zu messenden Kräfte bzw. Lasten müssen unter Verwendung geeigneten Zubehörs möglichst genau in Messrichtung eingeleitet werden. Torsions- und Biegemomente, außermittige Belastungen und Querbelastungen können zu Messfehlern führen.
•    Kraftaufnehmer werden auf der Kraft-/ Lasteinleitungsseite während des Betriebes in Messrichtung geringfügig ausgelenkt. Der Einbau muss deshalb so erfolgen, dass diese Auslenkung nicht begrenzt oder blockiert wird.
•    Die Kraftaufnehmer sind während ihrer Montage und im Messbetrieb durch geeignete Maßnahmen gegen mechanische Überlastung, auch dynamischer Art, zu schützen. Dabei ist zu beachten, dass die Überlastung auch durch Biegemomente, Torsion oder nicht in Messrichtung wirkende Kräfte eintreten kann.
•    Optimale Messergebnisse werden nur bei Einhaltung des Nenntemperaturbereiches erreicht. Die Umgebungstemperatur darf sich nicht schneller als mit 5K/h ändern. Einseitige Erwärmung oder Kühlung der Kraftaufnehmer sind durch geeignete Maßnahmen zu verhindern.
•    Die Kapselung des empfindlichen Messelements durch das Gehäuse muss unbedingt gewahrt bleiben. Besondere Vorsicht ist an Membranen und Faltenbälgen geboten, die aus messtechnischen Gründen dünn sein müssen. Vorhandene Kabelanschlussdosen dürfen nicht geöffnet werden.
•    An Kraftaufnehmer angrenzende Bauteile können ihre Messgenauigkeit stark beeinflussen. Informieren Sie sich beim Hersteller über die spezifischen Anforderungen der zu installierenden Typen, falls Sie unsicher sind.

Elektrischer Anschluss
•    Die Anschlussbelegung für Kraftaufnehmer erfolgt üblicherweise in 4-Leiter-Technik, gelegentlich in 6-Leiter-Technik. Mit der 6-Leiter-Technik können durch die Länge des Kabels verursachte Messfehler reduziert werden. Beim Übergang von 6-Leiter- auf 4-Leitertechnik sind die Anschlüsse +EX mit +SE und –EX mit –SE an der Auswerteelektronik zu verbinden.
•    Kabelfarben  werden in beigelegten Typblättern oder Datenblättern im Internet angegeben. Sie sind meist auch auf dem Sensor selbst als Aufkleber oder am Kabelende als gelber Schrumpfschlauch zu finden. Werden die Sensoren lt. Schema angeschlossen, so erzeugt eine Druckkraft bzw. –last ein positives Ausgangssignal. Die maximale Versorgungsspannung ist typabhängig und den Datenblättern zu entnehmen.
•    Der Schirm des Anschlusskabels ist standardmäßig zur Vermeidung von Störungen durch elektromagnetische Einflüsse mit dem Aufnehmerkörper elektrisch verbunden. Der Schirm muss über den gesamten Kabelumfang mittels einer Kabelhülse hochfrequenzdicht an dem geerdeten Gehäuse der Auswerteelektronik angeschlossen werden. Die Anschlussadern dürfen nicht länger als 5 cm ungeschirmt verlegt sein. Bei Aufnehmern, bei denen der Schirm nicht mit dem Aufnehmerkörper verbunden ist, sind bei Auftreten von Störungen weitere geeignete Maßnahmen zu treffen.
•    Treten Störungen auf, die auf Elektromagnetische Felder hindeuten, wie starkes Rauschen, unerwartete Peaks, ist das gesamte Schirmungskonzept zu prüfen. Masseschleifen sollte z.B. durch trennen des Schirms an der Auswerteelektronik neutralisiert werden. Prüfen Sie insbesondere ob Netzteile, Frequenzumrichter oder Motoren Störungen durch Kabel oder durch die Luft einbringen können.
•    Das Anschlusskabel darf nicht parallel zu Starkstrom- und Steuerleitungen verlegt werden. Ist eine getrennte Verlegung nicht möglich, so ist das Anschlusskabel durch Stahlpanzerrohr zu schützen und ein möglichst großer Abstand zu anderen Kabeln einzuhalten. Streufelder von Transformatoren, Motoren u. a. sind zu meiden. Das Anschlusskabel darf nicht gekürzt oder verlängert werden. Jede Veränderung des Anschlusskabels führt zu Veränderung der werksseitigen Kalibrierung.
•    Baugleiche Kraftaufnehmer gleicher Nennlast können parallel geschaltet werden sofern Sie eine identische Empfindlichkeit (mV/V) haben. Die Gesamtlast ergibt sich aus der Summe der Einzelwerte, dabei sollte eine gleichmäßige Lastverteilung angestrebt werden. Die Empfindlichkeit bleibt auch nach der Parallelschaltung gleich. Beachten Sie besonders, ob die Nachfolgelektronik den erforderlichen Speisestrom bereitstellen kann.

Fehlersuche bei passiven Kraftaufnehmern
Die besten Indikatoren für das Funktionieren eines Kraftaufnehmers sind:
Nullsignal und der Isolationswiderstand:
Das Nullsignal sollte im lastfreien Zustand zwischen 0 und 3% der Nennlast liegen und sehr stabil sein. Liegt das Nullsignal über 3% ist eine Überlastung zu vermuten. Liegt das Nullsignal über 20% ist eine hohe Überlastung zu vermuten, die den Aufnehmer oft irreparabel beschädigt hat. Ist der Stahl erst einmal plastisch verformt, ist ein lineares Verhalten nicht mehr möglich. Ein Nullsignal kann auch durch ein Verformen des Aufnehmers während der Montage stark verschoben werden.
Abhilfe: Messeinrichtung Nullen (Achtung Überlastbereich wird eingeschränkt!)
    Reparatur beim Hersteller (oft nicht möglich)

Der Isolationswiderstand zeigt an ob Leckströme zwischen Speisung und Signalleitung fließen, oder ob Spannungspotentiale am Sensorgehäuse ein Signal erzeugen können. Der Isolationswiderstand muss tatsächlich mindestens 2 GigaOhm betragen. (Hersteller prüfen auf 5 GigaOhm bei 100V). Wenn ein gutes Multimeter noch einen Widerstand anzeigt (> 280 MegaOhm) kann das schon eine Nullpunktverschiebung von 100% bedeuten.
Abhilfe: Stecker, Kabel auf Feuchtigkeit prüfen und trocknen
              Reparatur beim Hersteller (oft nicht möglich)

Fehler: kein Signal oder Vollauschlag ohne Last
- Kabelverbindungen prüfen
- passiven Aufnehmer ausmessen:
   EX+ gegen EX- 350 Ohm... 1000 Ohm
   Si+ gegen SI- 350+/- 2 oder 710+/-10 Ohm
   Werden die Toleranzen nicht eingehalten liegt Kabelbruch oder Kurzschluss vor

Fehler: Signal nicht schlüssig
- Denk- und Rechenfehler suchen (insbesondere bei Faktor ½ oder 2)
- Einstellungsfehler in der Elektronik prüfen
- Kabelanschlüsse prüfen (Kabel vertauscht)
- Nullsignal prüfen
- Auf Kraftnebenschlüsse, Biegemomente, Verspannungen prüfen

Fehler: Signal instabil
-  Schirmungskonzept prüfen, ev. Strörungen suchen
- Isolationswiderstand prüfen
- Anschluss Kraftaufnehmer-Elektronik prüfen:
   Übergangswiderstände = 0 Ohm?
   Isolationswiderstand zwischen einem Kabelanschußß und Masse > 2 MegaOhm?
   ev. reinigen, trocknen, nachziehen

Fehler: Signal hat geringe Abweichungen zur tatsächlichen Last
- Denkfehler suchen: welche Abweichung ist Normal?
- Sind beide Anzeigen genullt?
- Mechanische Einbaufehler suchen:
  Querkräfte, Biegemomente, Kraftnebenschlüsse
- Justage der Elektronik überprüfen
- Prüflast hinterfragen

Werkzeuge für die Fehlersuche
-    Anzeige mV/V für Signal (z.B. AE 703)
-    Multimeter >20MOhm besser 1GOhm z.B. Fluke 1507
-    bekannte Last, bzw. Masteraufnehmer mit Handhydraulik oder Gewicht
-   Kraftmessgerät zum Gegenmessen mieten


Fehlersuche bei aktiven Kraftaufnehmern mit Normsignalausgang
Es gelten die gleichen Hinweise wie oben, jedoch mit folgenden Änderungen:

Nullsignal und Verstärkung
können oft nachjustiert werden. Entweder an Potentiometern am Sensor oder mit einem speziellen Gerät (AE 633) über den Programmiereingang (PRG) am Kabelende des Sensors.

Stromversorgung
Schließen Sie den Sensor korrekt an, Speisespannung auf der Signalleitung führt meist zur Zerstörung des Verstärkers in wenigen Sekunden. Prüfen Sie die Höhe der Spannung, Spannungsspitzen können den Verstärker zerstören. Prüfen Sie die Qualität der Stromversorgung. Netzbrummen, kann Rauschen am Ausgang des Sensors auslösen. Die Stromversorgung sollte von dem Massepotential der Anlage galvanisch getrennt sein

Fehler: kein Signal
- Kabelverbindungen und Stromversorgung prüfen

Fehler: Signal nicht schlüssig
Verstärker arbeiten nicht weit über den spezifizierten Bereich hinaus. Je nach vorhandener Betriebsspannung bis max. 12 Volt oder 22mA

Insbesondere für den mechanischen Einbau finden Sie weitere, wichtige Hinweise bei dem jeweiligen Sensor

Funktionweise eines Kraftaufnehmers
Die auf den Sensor wirkende Kraft verformt die interne Verformungszone (oft Biegefeder) des Sensors. Auf den Stellen mit der höchsten Dehnung sind mindestens vier Dehnmessstreifen (DMS) aufgeklebt. Diese verformen sich mit der Biegefeder und ändern dabei ihren ohmschen Wiederstand. Vier DMS werden zu einer Wheatstonschen Brücke zusammengeschaltet. Diese wird an zwei Punkten mit einer Speisespannung (EX+, Ex-) versorgt. Ist der Aufnehmer lastfrei, ist das Ausgangssignal (SI+, SI-) Null. Durch Belastung des Aufnehmers wird die Brücke verstimmt und eine kleine Ausgangspannung kann dem Messverstärker zugeführt werden. Die Qualität des Ausgangssignals ist direkt proportional zur Qualität der Speisespannung. Fehlbelastungen führen je nach Richtung zu sehr starken oder sehr schwachen Signaländerungen.

Beispiel für einen üblichen Kraftaufnehmer
Brückenwiderstand 350 Ohm
Empfindlichkeit  1000N = 2mV/V
Speisespannung 10V
Signal bei Nennlast 1000N = 2mV/v * 10V = 20mV/V
Signaländerung bei 0,1% Laständerung: 2mV/V *0,01% *10V= 0,02 mV

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